Mag. Phil. Zeljko Vukic Zürich
Diplomatisches
Basteln im Schatten des Westbalkans
Offener Brief an
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Aussenminister Steinmeier
Sehr geehrte Frau
Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Minister
Es ist des Lobens wert, wieder einmal die
aufrichtige Sorge der bundesdeutschen Politik für Bosnien-Herzegowina zu verspüren,
die in der Erklärung von Aussenminister Steinmeier am 4. Dezember 2007
geäussert wurde - ganz im Sinne der Zielsetzung brillanter deutscher
Aussenpolitik: „Die Förderung der Demokratie, die Überwachung der Wahrung der
Menschenrechte…“ - praktiziert von der starken Vertretung grosser deutscher
Feldmissionen innerhalb der OSZE, und verstärkt mit der Autorität des deutschen
Botschafters Michael Schmunks. Nicht nur in humanen Bereichen, sondern auch in
allgemeinen Ansichten über die Relevanz von der Lösung des „Pulverfasses“
Bosnien-Herzegowina, kommt die Stärke der deutschen Aussenpolitik zum
Vorschein: „Die EU kann nur funktionieren, wenn überall die Stabilität
gesichert ist. Ohne Stabilität auf dem Westbalkan aber gibt es auch in der EU
keine Stabilität“.
Die Operationalisierung aber lässt einiges zu
wünschen übrig. Jetzt wäre nicht nur eine Begrüssung der Paraphierung, sondern
auch ein aktives Engagement für eine
gerechte, demokratische Verfassung von Nöten. Dazu braucht es einen
Diplomaten vor Ort, der die Geschicke des Landes richtig kennt und keine
Basteleien im Lande verstreut. Es ist verständlich, wenn sich amerikanische
Diplomaten (oder auch Britische) im Netz der grossnationalen bosniakischen
Gelüsten verlieren - Sarajewo ist „Oase und Sumpf“ der balkanischen „Tausend
und einer Nacht“ - oder wenn sich Hans Koschnik im Nebel von Mostar völlig
verirrt , wenn Wolfgang Petritsch auf dem Schweiss und Blut der Kleinsten seine
Erfolge krönt, Christian Schwarz-Schilling dort bloss vegetiert, aber unverständlich
wenn der deutsche Spitzendiplomat in jetziger klarer Situation mit seinem
Einsatz gefährliche politische Brände auslöst: Mit seinem Unverständnis für die Menscherechte und die Demokratie.
Für das komplizierte Dreinationen-Staatsgebilde (Daytons Bosnien-Herzegowina)
verlangt Michael Schmunk als Verfassungsvorschlag die Schaffung des Staates mit einer Nation und automatischer
Identifikation mit ihm: „Das höchste Ziel der Verfassungsreform sollte
sein, dass wir eine Nation Bosnien-Herzegowina schaffen. Die verschiedenen
Elemente dieses Staates sollten so zusammengefügt werden, dass sie untrennbar
sind und sich jeder Bürger mit Bosnien-Herzegowina identifizieren würde…
Weiter setzt er sich ein für die Schaffung der
fünf bis sechs wirtschaftlichen Regionen, ganz nach dem Konzept der
grossnationalen muslimischen (bosniakischen) Parteien, und Abschaffung der
nationalen Namen bei den staatlichen Institutionen; das Konzept der Osmanen,
grossserbischen Königs Alexander und der Kommunisten. Unerhört! Hat er den selbstbewussten
Ruf auf Berliner Mauer vergessen: Wir sind das Volk! Die deutschen
Landesidentitäten. Oder - war er jemals in der Schweiz, Belgien, Kanada … in
einem Land wo die gesicherten nationalen Identitäten als Garant der gemeinsamen
Solidarität zur Geltung kommen?
Von bosnischen Kroaten hat der Botschafter vor
kurzem verlangt „die Vereinfachung des Staatskonzeptes“ in ihren Forderungen
und ein „avantgardistisches Herangehen“, und als sich zum ersten Mal sechs
kroatische Parteien auf ein Konzept (nach schweizerischem Modell) geeinigt
haben, kriegten sie von ihm keine Unterstützung. Für den
politikwissenschaftlichen Vorschlag, welcher in Zürich ausgearbeitet wurde und
an alle wichtigsten Adressen des Westbalkans geschickt wurde, fand er kein
Interesse…
In dieser historischen Stunde sind Sie, Frau
Bundeskanzlerin und ihr Aussenminister besonders gefragt - den balkanischen
gordischen Knoten zu lösen. Mit Hilfe der beiliegender kurzer Analyse können
Sie einen tieferen Blick in die Problematik von Bosnien-Herzegowina werfen. Die
Anerkennung der Verschiedenheiten, das Subsidiaritätsprinzip nach Schweizer
Vorbild und die Effektivität deutscher (amerikanischer oder österreichischer)
Exekutive können dem zerstrittenem Land schnell verhelfen den Weg in die EU zu
ebnen. Harmonisierender Bundesstaat auf drei Ebenen und jedem Volk ein Kanton.
Die heutigen (oder neu gegründeten) Grossgemeinden würden sich in der
Volksabstimmung entscheiden zu welchem Kanton sie wollen. Jedem Volk wäre mit
der mittleren Ebene die kulturelle Identität gesichert und mit der Bundesebene
wäre das Staatsgebilde völlig funktionstüchtig. Vor allem mit Befugnissen des Bundespremiers (Bundeskanzler) wären vom
grossen Vorteil: Er verteidigt seine Gesetzvorschläge nicht nur im
Bundesparlament, sondern nach Bedarf, auch in Kantonsparlamenten - oder wendet
sich an das Bundesgericht, welches dann - selbst entscheiden kann oder eine
Volksabstimmung verordnet.
Die neue Verfassung, um die es jetzt geht,
sollte als „Völker-Vereinbarung“ das greifbare Pfand demokratischer Werte für
alle drei Nationen sein. Die viel gelittene Völker haben es verdient. Die
grosse Last liegt vor allem an den nationalen Politikern, aber auch Ihr Land
mit erwiesener Demokratie könnte bei dieser Geburt entscheidende Hilfe leisten.
Ihr Verspür für Gerechtigkeit und ihre Energie wäre von grossem Belang, wie
auch der Experten-Geist Ihres Aussenminister.
Unermesslichen Dank Für Ihre Mitwirkung, Frau
Merkel und Herr Steinmeier
Zeljko Vukic
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